Finnland / Frankreich / Deutschland 2011 - Regie: Aki Kaurismäki - Darsteller: André Wilms, Kati Outinen, Blondin Miguel, Laika, Jean-Pierre Darroussin, Elina Salo, Kuoc-Dung Nguyen, Evelyne Didi, Pierre Étaix - FSK: ohne Altersbeschränkung - Länge: 93 min. - Start: 8.9.2011 |
Die
Story:
Marcel Marx (André Wilms), früher Autor und wohlbekannter Bohemian, hat sich vor längerer Zeit in sein frei gewähltes Exil, die Hafenstadt Le Havre, zurückgezogen. Hier geht er inzwischen der ehrenwerten, aber nicht sonderlich einträglichen Tätigkeit eines Schuhputzers nach. Der Traum vom literarischen Durchbruch ist längst begraben, und so führt er ein zufriedenes Leben zwischen Arbeit, Bar und seiner Frau Arletty (Kati Outinen). Doch plötzlich kreuzt das Schicksal seinen Weg in Gestalt eines minderjährigen Flüchtlings (Blondin Miguel) aus Afrika.
Obwohl seine geliebte Frau ernsthaft erkrankt, muss Marcel sich erneut gegen die menschliche Gleichgültigkeit erheben. Seine einzigen Waffen sind sein unerschütterlicher Optimismus und die ungebrochene Solidarität der Mitbewohner seines Quartiers. Mit ihrer Hilfe tritt er gegen den blindwütigen Machtapparat des Staates an, der die Schlinge um den Flüchtlingsjungen immer enger zieht. Es wird Zeit für Marcel, seine Schuhe zu polieren und die Zähne zu zeigen ...
Aki Kaurismäki ist einer dieser Regisseure, den man auf Grund seiner
bisherigen Arbeiten als Liebling der Filmkritik bezeichnen kann.
Wenn einer seiner Filme ruft, dann kommen plötzlich
"Filmkritiker" ins Kino zu Pressevorführungen, die man vorher noch nie gesehen
hat! Das freut die Handvoll Filmjournalisten natürlich, die um jede
Pressevorführung kämpfen müssen, weil sie für gewöhnlich nur mit
5-10 Kollegen in diesen Vorstellungen, ganz speziell für die
Filmpresse, sitzen. So sieht z.B. Frankfurt auch mal wieder eine gut
gefüllte Pressevorführung, was sonst nur bei Blockbustern,
Woody-Allen-, Almodovar- und J.J. Abrams-Filmen der Fall ist.
Während sich nun der Film des finnischen Alkoholikers über arme
Gutmenschen, noch ärmere Flüchtlinge und ganz arme Kranke vorbei
stelzt und mit der Zeit immer unerträglicher wird, überlege ich
mir schon während des Filmes, was ich wohl von den lieben Kollegen nach der
Vorführung an den Kopf geworfen bekommen werde, weil ich
unwissender Ignorant es wage mein Maul über ein derartiges
Meisterwerk auf zu machen! Das ich keine Ahnung von Filmen habe
wird bestimmt nur einer der milderen Einwürfe sein. Der Film entwickelt
sich langsam zu einem bis ins kleinste Detail durchgestylen
Stummfilm, dessen Konzept es zu sein scheint möglichst wie
nachträglich und ziemlich stümperhaft vertont zu wirken. Ich
kann nur schwer meinen einsetzenden Fluchtinstinkt unterdrücken.
Dies ist wirklich der schlechteste Kaurismäki, den ich je gesehen
habe! Einige der lang gezogenen und hölzernen Dialoge erinnern
stellenweise an Sketche von Loriot, Gott hab ihn selig, nur seine
Dialoge waren schließlich freiwillig komisch! Ich stelle mir
weiter vor, was die lieben
Kollegen wohl über diesen Film gesagt hätten, wenn sie einen so
genannten Blindtest gemacht hätten und den Film ohne Angabe des
Machers zu sehen bekommen hätten? Die meisten der jetzt so Begeisterten, hätten ihn wahrscheinlich in der Luft zerrissen.
Aber so ist es natürlich ein begnadetes Meisterwerk des
finnischen Schweigers. Hätte er seine Schauspieler nicht
Marionetten-gleich chargieren lassen und die Texte wie bei einer
70er-Jahre-Sprachkurs-Schallplatte aufsagen lassen, wäre
vielleicht noch ein Kaurismäki-ähnliches Etwas dabei herum
gekommen. So muss ich schließlich im Foyer die Häme Kübelweise über mich
ergießen lassen und das ich keine Ahnung von Film habe, ist dabei
nur einer der milderen Einwürfe. Aber vielleicht habe ich ja
tatsächlich ein ganz großes Meisterwerk verpasst, weil mir der
Blickwinkel des großen finnischen Meisters fehlte und der scheint
hauptsächlich durch eine oder mehrere Flaschen Wodka zu sein.
Der eine Stern der Bewertung ist
übrigens einzig und alleine für das wirklich bis ins kleinste
Detail gelungene Styling! Ansonsten ist "Le Havre" einer
meiner Hassfilme des Jahres und hat gute Chancen auf einen Platz
in meinen "Flop 3 - 2011"!
- Jörg-H. B. v. Grass
Verleih & Foto: Pandora
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